Abtswind 1945 und danach

Aus: “Der Steigerwald” von Marion Kopp

Die Situation vor dem Einmarsch der Amerikaner

Der Markt Abtswind trug durch den Zweiten Weltkrieg keine direkten Sachschäden davon. Zwei Bomben, die gegen Ende des Krieges an der Straße nach Untersambach als Notabwurf gefallen waren, richteten keinen Schaden an. Als einziges ziviles Opfer war ein dreijähriges Kind zu beklagen, das bei einem Tieffliegerangriff von einem Querschläger getötet worden war.

Im Vergleich zu den Städten konnte man die Versorgungslage als verhältnismäßig gut bezeichnen, da es die Bauern stets verstanden, die Ablieferungsvorschriften zu ihren Gunsten großzügig auszulegen, wovon in Nachbarschaftshilfe auch der nichtbäuerliche Bevölkerungsteil profitierte. Genaue Zahlen der Bevölkerung eines Dorfes sind schwer festzustellen, weil die Zahl der Evakuierten, Flüchtlingen, Dienstverpflichteten und Kriegsgefangenen ständig gewechselt hatte. Zu Beginn des Krieges mußten Evakuierte aus der Pfalz aufgenommen werden, welche nach dem Frankreichfeldzug wieder zurückkehrten. 1942 übersiedelten Frauen und Kinder aus den bombenzerstörten Städten des Ruhrgebietes. “Bombenweibei ‘ bezeichneten die Einheimischen diese Frauen. Ab Februar und März 1945 suchten Ausgebombte der Städte Kitzingen, Schweinfurt und Würzburg eine Bleibe in den Dörfern. Die Landwirtschaft beschäftigte während des Krieges auch ausländische Dienstverpflichtete, insbesondere Männer und Frauen aus Polen und der Ukraine. Aber auch die Kriegsgefangenen hatte man den Landwirten, bzw. den Handwerkern zugeteilt. Während einer genau festgesetzten Arbeitszeit konnte sich die Menschenmenge in der Ortsgemarkung im Rahmen ihrer Tätigkeit frei bewegen. Die Nächte mußten sie in einem gemeinsamen Raum verbringen, von einem deutschen Posten bewacht.

Abtswind vor der Flurbereinigung

Die Zeit der amerikanischen Besetzung

Eine Woche vor dem amerikanischen Einmarsch floh NS-Kreisleiter Heer. Sein Aufbruch aus der Kinderschule erfolgte in großer Eile. Sieben einspännige Leiterwagen voll Lebensmittel, Spirituosen, Tabakwaren und Kleidung schaffte man aus dem Haus. Um den Einmarsch der Amerikaner zu stoppen errichtete der sog. Volkssturm Panzersperren an den Ein- und Ausfallstraßen des Dorfes. Diese Panzersperren bestanden aus dicken Bohlen und Pfosten, die man unmittelbar am Ortsausgang als Barrikaden aufstellte. Jedoch unmittelbar vor dem Anrücken der Amerikaner beseitigten in der Regel die Frauen des Dorfes diese angeblichen Panzersperren, um eine möglichste Schonung des Dorfes zu erreichen. Der Einmarsch der Amerikaner vollzog sich in fast allen Orten auf die gleiche Art und Weise. Panzerspähwagen und Panzer mit bis an die Zähne bewaffneten Soldaten durchfuhren den Ort, wendeten ihr Gefährt und machten den gleichen Weg zurück. Die Kriegsgefangenen rissen aus und stießen auf diese Spähtrupps. Sie schilderten den Amerikanern die Lage im Ort und besetzten dann gemeinsam die Dorfstraße. Alle Häuser mußten die weiße Fahne hissen. Das den Amerikanern auffälligste Haus wurde requiriert und zur Standortkommandantur erklärt. Alles, was nach “Nazi” aussah, alle Waffen mit Munition, Schreibmaschinen, Ferngläser und Fotoapparate lieferten die Bürger im Rathaus ab. Von den Kriegsgefangenen erfuhren die Besatzer Gesinnung und Mittun der einzelnen Ortsbürger; und so gewichtete man auch die Stichproben der Hausdurchsuchungen. Nach der Sperrstunde durfte sich kein Ortsbürger mehr auf den Straßen blicken lassen. Manche Einheiten verhielten sich sehr korrekt, andere nahmen sich ohne Bezahlung, verköstigten sich bei Wein und Bier und schossen sich das Wild. Von Kriegsgefangenen verdächtigte Ortsbewohner traten meist den Weg in ein Gefangenenlager an.

Probleme und Aufgaben der zivilen Verwaltung

Die von den Besatzungstruppen erlassenen Verordnungen bleiben bestehen und wurden noch ergänzt. So mußte die verhängte Ausgangssperre weiter eingehalten werden. Außerhalb der Ausgangssperre erlaubte man den Dörflern ein sich freies Bewegen nur bis zu einem Umkreis von drei Kilometern. Von den Amerikanern aufgestellte Zivilisten bar jeglicher nationalsozialistischer Vergangenheit dienten als Hilfspolizeiorgane und hatten täglich dem patrouillierenden amerikanischen Offizier Meldung zu machen. Viel Denunziantentum schlich sich da ein. Mit dem Einrücken der Amerikaner fiel auch jeglicher Post- und Bahnverkehr zusammen.

Für mehrere Monate mußte man ohne Elektrizität auskommen. Im Jahre 1945 besaß jeder Bauernhof auch sein Milchvieh. Die Milch wurde zum größten Problem. Niemand konnte Milch abliefern, die Molkerei war geschlossen. Aber die Kühe gaben tagaus tagein, früh und abends ihre Milch. Zu Butter, Käse und Schweinefutter diente die Milch. Der “Zieweleskäs” fehlte bei fast keiner Mahlzeit und hing besonders der Jugend sehr bald zu Halse heraus. Wie in allen Orten setzte man den I . Bürgermeister Andreas Hühsam und den 2. Bürgermeister Andreas Höfer in Abtswind ab. Auf Weisung der Besatzung bestimmte der Landrat den Abtswinder Georg Hack zum 1. Bürgermeister. Die bisherige zivile Verwaltung blieb zunächst unberührt. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, dafür zu sorgen, daß im Ort die Anweisungen der Militärregierung buchstabengetreu zu befolgen waren. Als erstes wurde vom neuen Bürgermeister ein sofortiger Kassensturz bezüglich der Gemeindefinanzen mit Feststellung des Bargeldbestandes, der Bank- und Postscheckguthaben, der Wertpapiere, der Außenstände an Gemeindesteuern, der Rückstände an Kreisümlagen und der noch zu zahlenden Rechnungen gefordert. Der eingesetzte neue Bürgermeister war, wie bisher der Standesbeamte seines Amtsbereiches, seine gesetzlichen Vertreter die sogenannten Beigeordneten. Bei der Übernahme des Amtes mußten alle Standesregister bezüglich ihres Bestandes seit 1876 überprüft und festgestellt werden, wann die letzten Eintragungen erfolgten. Das gleiche galt für die standesamtlichen Nebenregister. Der Bürgermeister und seine beiden gesetzlichen Vertreter bildeten auch die Ortspolizeibehörde. Die Stelle der wegen Kriegseinwirkungen Evakuierten, welche nach Kriegsende bald wieder in ihre Heimat zurückgekehrt waren, nahmen die Flüchtlinge und Heimatvertriebenen aus dem Osten ein. Hinzu kamen entlassene ortsfremde deutsche Kriegsgefangene, die sich zu Bekannten ins Dorf haben entlassen lassen, weil sie nicht in ihre Heimat zurück konnten oder wollten. Anfang Mai 1946 kam der erste offizielle Flüchtlingstransport. Und es folgte eine Zeit, in der die Zahl der Ortsfremden ebenso hoch war, wie die der Einheimischen.

Während die im Krieg nach Abtswind eingewiesenen Evakuierten, vor allem auch die Pfälzer zu Beginn des Krieges, von den Einheimischen ohne große Schwierigkeiten im Dorf aufgenommen worden waren, weil die Zeit der Unterbringung absehbar war, gestaltete sich die Aufnahme der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen teilweise recht schwierig. In einigen Fällen mußte die Einweisung, bei hartnäckiger Weigerung der Hausbesitzer, unter Mitwirkung des sogenannten Flüchtlingsobmannes, zwangsweise durch den Bürgermeister vorgenommen werden, was wiederum über Jahre hinweg das Verhältnis zwischen Bürgermeister und dem Betroffenen sehr stark trübte. Jedoch im Laufe der Zeit kamen sich der alte und der neue Bevölkerungsteil immer näher. Vor allem die Jugend fand schnell zusammen; das stärkste Band bildeten Eheschließungen. Die Flüchtlinge und Heimatvertriebenen, welche in Abtswind und Umgebung keine ihrer beruflichen Qualifikationen entsprechende Beschäftigung finden konnten, verließen, besonders nach der Währungsreform 1948, in der Mehrzahl nach und nach den Ort. Meist zogen auch ihre Familien bald nach, so daß die Gesamtbevölkerung als Folge wieder merklich abnahm. Die Verbliebenen aber haben sich zwischenzeitlich voll integriert und prägen heute in gesellschaftlicher Stellung und Beruf nicht unwesentlich das Gesamtbild der Dorfbevölkerung. Bei einer am 29. 10. 1946 durchgeführten Volks- und Berufszählung betrug die Einwohnerzahl von Abtswind 954. Davon waren 537 weiblich und 417 männlich. Diese Bevölkerungszahl verteilte sich auf 236 Haushalte. Nach Kriegsende trafen immer mehr ehemalige Kriegsteilnehmer in ihren Heimatorten oder den bei der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft als Heimatort angegebenen Ortschaften ein. Ein gewisses Problem ergab sich dabei bezüglich der Bezahlung des Entlassungsgeldes und des rückständigen Wehrsoldes. Voraussetzung für alle Zahlungen war die Vorlage des Originals des amerikanischen Entlassungsscheines. Für die nach Abtswind heimgekehrten Soldaten war die Auszahlungs- und Dienststelle in Erlangen zuständig. Nach einem Beschluß des Ministerrates in München erfolgte in der Zeit vom 5. 6. bis 14. 6. 1947 eine Registrierung der Kriegsgefangenen und Vermißten. Dadurch sollten zuverlässige Unterlagen für die Gefangenenbetreuung und Vermißtensuche geschaffen werden. Die Registrierung erstreckte sich auf Kriegsgefangene und im Ausland Internierte, sowie vermißte Wehrmachtsangehörige und Zivilpersonen. Personen, die bei Umsiedlungsaktionen am bisherigen Wohnort zurückgeblieben waren oder Personen, die durch den Luftkrieg als vermißt galten, wurden nicht registriert. Um Doppelmeldungen zu vermeiden, mußten die Anmeldungen grundsätzlich von den nächsten Verwandten vorgenommen werden. Für die Bestimmung des Verwandtschaftsgrades galt die Reihenfolge: Ehegatte – V ater und Mutter – Kinder – Geschwister. Anmeldeberechtigt waren nur die Personen, die ihren Wohnsitz in der amerikanischen Besatzungszone hatten. Jeder heimkehrende Soldat mußte einen sogenannten “Heimkehrerfragebogen” ausfüllen, mit Angaben zur Person, Feldpostnummer, Einheit und Gefangenenlager. Bei Kenntnis über einen Vermißten mußte er eine sog. “Heimkehrererklärung” abgeben. Die erste demokratische Wahl nach Kriegsende war die Wahl des Bürgermeisters und des Gemeinderates im Februar 1946. Vorbereitend dazu mußten Fragebögen ausgefüllt werden, die von der amerikanischen Militärregierung überprüft worden waren. Im Rahmen der Landtagswahl am 1. 12. 1946 fand auch der Volksentscheid über die Annahme der Bayerischen Verfassung statt.
Mit dem Gesetz zur Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus in der amerikanischen Besatzungszone vom 5. 3. 1946 wurde dem deutschen Volk die Veranwortung für die Entnazifizierung übertragen. Gemäß dieses Gesetzes sollten diejenigen, welche die nationalsozialistische Gewaltherrschaft aktiv unterstützt, oder sich in dieser Zeit aufgrund der geschaffenen Verhältnisse bereichert, bzw. gegen die Grundsätze der Gerechtigkeit und Menschlichkeit verstoßen hatten, zur Rechenschaft gezogen werden. Die Betroffenen verloren ihre Einflußnahme auf das öffentliche, kulturelle und wirtschaftliche Leben und mußten Wiedergutmachung leisten. Die Beurteilung sollte in gerechter Abwägung der Verantwortlichkeit und Gesamthaltung des einzelnen erfolgen. Jeder Betroffene sollte sich rechtfertigen können. Die Zugehörigkeit zur NSDAP oder eine ihrer Organisationen war für sich allein nicht entscheidend für das Maß der Verantwortlichkeit, wie auch die Nichtzugehörigkeit eine Verantwortlichkeit nicht ausschloß. Im Rahmen dieser Entnazifizierung war ein Fragebogenverfahren eingeführt worden, bei dem jeder Deutsche über achtzehn Jahren einen umfangreichen Fragebogen auszufüllen und einzureichen hatte. Die Nichtabgabe des Fragebogens hatte zur Folge, daß der Betroffenen keine Lebensmittelkarten mehr erhielt. Die Fragebögen wurden von der Gemeindeverwaltung an die zuständige “Spruchkammei’ weitergeleitet, die in jedem Landkreis für die Durchführung der Entnazifizierung auf der untersten Ebene zuständig war. Diese Spruchkammer verfügte über drei Vorsitzende und drei öffentliche Kläger. Bis zum 23. 3. 1947 mußten alle Fragebögen der Spruchkammer vorliegen, wofür der Bürgermeister verantwortlich war. Für die Beurteilung der Verantwortlichkeit und das Sühnemaß gab es folgende fünf Gruppen:
a) Hauptschuldige,
b) Belastete (Aktivisten, Militaristen und Nutznießer),
c) Minderbelastete (Bewährungsgruppe),
d) Mitläufer,
e) Entlastete. Da die Spruchkammern gänzlich überfordert waren, erhielten die Gemeindeverwaltungen ein Rundschreiben vom 20. 5. 1947 des Landkreises, das Anweisungen zur Beschleunigung der Entnazifizierung gab. Danach war ein Ortsausschuß zu bilden, der fünf Personen umfaßte, die nicht vom Entnazifizierungsgesetz betroffen waren; also zur fünften Gruppe gehörten. Dieser Ortsausschuß sollte die Betroffenen nach bestem Wissen und Gewissen beurteilen. Neuankommende oder entlassene Kriegsgefangene mußten zunächst zwei Fragebögen abgeben oder eine Quittung für einen schon abgegebenen Fragebogen vorzeigen, bevor sie Lebensmittelmarken erhielten. Die für hauptschuldig Befundenen versuchte man in eigenen Lagern umzuerziehen.

Die Versorgung der Bevölkerung

Bei einem Bevölkerungszuwachs von 40% gegenüber 1939 und einem Anteil der Flüchtlinge, Heimatvertriebenen und Evakuierten von 27% an der Gesamtbevölkerung im Jahre 1949 ergab sich zu diesem Zeitpunkt in Abtswind eine statistische Wohnraumbelegung von 1,22 Personen je qm Normalwohnraum. Die Schwierigkeiten der Wohnraumbeschaffung nach 1945 wurden schon erwähnt. Seit Beginn des Zweiten Weltkrieges waren die Lebensmittel und Hauptkonsumgüter rationiert worden. Zu diesem Zweck hat es Marken gegeben, die zu entsprechendem Bezug in Läden und Gaststätten berechtigt haben. Dieses Marken- und Bezugscheinsystem hat man auch nach dem Kriege bis zur Währungsreform 1948 beibehalten. Diese Lebensmittelversorgung auf Marken trat nach dem Kriege in eine besonders kritische Phase, weil die Erträge der Landwirtschaft durch den Verlust der deutschen Ostgebiete, durch Trockenheit – vor allem im Jahre 1947 -, sowie den Mangel an Düngemitteln und Qualitätssaatgut stark sanken. 1947 bestand die monatliche Lebensmittelversorgung auf Marken für einen erwachsene Person aus 600 g Fleisch, 200 g Fett, 500 g Zucker, 600 g Nährmittel, 62,5 g Käse, 6.000 g Brot, 12.000 g Kartoffeln und
200 g Kaffee-Ersatz. Die Hauptlast dieser Rationierung traf besonders die Neuankömmlinge, denn die Bauern konnten die Abgabepflicht für ihre Erzeugnisse wegen der schwierigen Erfassung immer wieder mehr oder weniger umgehen. Jedoch profitierte in den meisten Fällen auch die nichtbäuerliche Bevölkerungsgruppe davon, weil die Bauern ihnen von ihren “schwarzen” Beständen gegen eine gewisse Mitarbeit im Bauernhof oder auf den Feldern abgaben. Nie war die Zahl der sog. “Notschlachtungen” so groß, wie in dieser Zeit, und nicht selten hatte ein offiziell zur Hausschlachtung angemeldetes Schwein zwei oder gar drei Köpfe. Und die vielen nicht angemeldeten, die sog. “Schwarzschlachtungen” sind bis heute nicht registriert. Notschlachtungen von Rindern aus geringem Anlaß wurden nicht selten offiziell bekannt gegeben und das Fleisch dann, zwar rationiert aber ohne Marken, an die Bevölkerung frei verkauft. Zur Verbesserung der Lebensmittelversorgung stellte die Gemeinde mehrere Grundstücke den Flüchtlingen als Gartenland zur Verfügung. Diese Grundstücke bezeichnet man bis heute als “Flüchtlingsgartli”. Nach der Währungsreform verbesserte sich auch diese Situation wie überall in der Bundesrepublik Deutschland zusehends.
Ähnlich wie die Lebensmittel waren schon während des Krieges auch die hauptsächlichen Konsumgüter (Kleider, Schuhe, Arbeitsschuhe, Eisenwaren, u.ä.) rationiert und offiziell nur auf Kleiderkarte oder Bezugsschein zu erhalten. Dieses Versorgungssystem blieb ebenfalls bis zur Währungsreform 1948 erhalten. Aber auch auf diesem Versorgungssektor konnten die einheimischen Bauern durch Tauschgeschäfte viele Engpässe ausgleichen, während den nichtbäuerlichen Bevölkerungsteil der Mangel an solchen Konsumgütern voll traf. Im Gegensatz zu den selbst produzierten Lebensmitteln, gaben die Bauern von den gegen Lebensmittel eingetauschten Konsumgütern selten etwas an den benachteiligten Bevölkerungsteil ab. Getauscht wurde in dieser Zeit alles gegen alles. Das Wertverhältnis der getauschten Gegenstände war allerdings nicht selten alles andere als gleich. Hunger und notwendiges Bedürfnis bestimmten den Wert. Es war die Zeit der Schieber und Schwarzhändler, die skrupellos die Notlage anderer ausnutzten, um sich zu bereichern. Viele Notleidende haben damals, nur um zu überleben, wertvolle Sachgegenstände und besonders Schmuck gegen Lebensmittel und notwendige Kleidungsstücke eingetauscht, deren Wert bei weitem unter dem des hingegebenen Tauschgegenstandes lag. Auch hier machte die Währungsreform diesem dunklen Kapitel als Folge Hitlerdeutschlands alsbald ein Ende. Vom 16. März bis 10. Mai 1945 gab es keinen Strom in Abtswind. Der “Lichtstrom” fiel ins Gewicht; die wenigen anderen Maschinen, z.B. Futterschneide, Kreissäge, Rübenmühle, konnten auch mit der Hand bedient werden. Die Brennstoffversorgung der Bevölkerung erfolgte bis 1949 vorwiegend aus dem Waldbesitz der Bauern, der Gemeinde, der Waldgenossenschaften und der Kirchenstiftung. Jeder Haushalt ohne eigenen Waldbesitz bekam eine entsprechende Holzmenge zugewiesen. Zum Teil mußten die Berechtigten beim Fällen der Bäume und der Aufbereitung des Holzes mithelfen, um ein Anrecht auf Zuteilung zu erwerben. Außerdem gab es für die, welche die Mühe nicht scheuten, auch immer in den Wäldern genügend Leseholz, so daß in den schlechten Nachkriegsjahren niemand richtig frieren brauchte. Erst später, als der Handel zwischen den einzelnen Besatzungszonen langsam in Bewegung kam, lief nach und nach die Versorgung mit Kohle und Briketts wieder an. Bis Anfang der fünfziger Jahre konnte von einem Individualverkehr kaum die Rede sein. In der Landwirtschaft wurde der “Reiswagen” oder die “Kutsch” eingespannt. Ansonsten war man zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs. In den Nachkriegsjahren war die einzige Verkehrsverbindung nach draußen der Lkw,’ der täglich die Milch abholte. Wer hier mitfahren durfte, hing ganz von der Gunst des Fahrers ab. Der mangelnde Individualverkehr ließ die Linienbusse und die Personenzüge förmlich überquellen. Mit der Mechanisierung der Landwirtschaft kamen auch die ersten Pkw’s in die Dörfer und schwunghaft entwickelte sich das Leben in allen Bereichen auf unseren heutigen Stand. Mit einem Vergleich von früher und heute sei der Rückblick abgeschlossen: Früher wurde am Samstag eine blecherne Wanne in die Küche gestellt und voll heißes Wasser geschüttet; die Eltern, die Kinder, die Großeltern, der Knecht, die Magd, einfach alle badeten sich nacheinander im gleichen Wasser und trockneten sich mit einem Handtuch ab. Heute trocknet sich jedes Familienmitglied mit seinem eigenen Badetuch ab. Nachdem es zuvor unter seiner eigenen Dusche ausgiebig gebraust hat.

Nach Marion Kopp (gekürzt)