Abtswind – eine Siedlung slavischer Wenden

Aus “Der Steigerwald” von Ulrich Kniewasser

In die Herrschaftsrechte im Mittelalter

Im frühen Mittelalter bestand Abtswind aus zwei Orten: Kleinabtswind und Großabtswind. Der Eichbrunnen entspringt etwa 1,5 km von Großabtswind, dem heutigen Abtswind, entfernt neben der Straße nach Wiesentheid. Flurnamen und alte Urkunden bezeichnen ihn als ;,Heiligen Brunnen”. Hier und am benachbarten Eichsee soll um 680 der Frankenapostel St. Kilian mit seinen Gefährten Kolonat und Totnan gepredigt und getauft haben; von der Rhön aus nach Würzburg ziehend, um die heidnischen Germanen zum Christentum zu bekehren. Später stand an dieser Stelle die St. Michaels Kapelle, welche von einem Einsiedler versehen wurde. Um diese Kapelle am Eichsee lag Kleinabtswind, im hohen Mittelalter der Stauferzeit zur Wüstung geworden. Beim Straßenbau fand man 1830 zahlreiche Totengebeine. Ebenso will man nach dem Schwedenkrieg auf einem nahen Acker eine Glocke gefunden haben, die von der St. Michaelskapelle am Eichsee stammte.

Schon zur Karolingerzeit taucht 783 zum erstenmal der Name Abbatissaewiniden, d.h. “Zu den Wenden des Abtes” auf. Gemeint ist der Abt des Klosters Megingaudeshausen, das 819 an die Mündung der Schwarzach verlegt wurde und sich fortan nach diesem Flüßchen Münsterschwarzach nannte. Ebenso sagt der Name aus, dass es sich um eine Siedlung slavischer Wenden handelte, welche in der Zeit der Völkerwanderungvon der Regnitz aus bis tief in den Steigerwald und sein westliches Vorland vorgedrungen waren. Die zahlreichen germanischen Stämme, die vorher die Kelten unterworfen hatten, konnten sich in unserem Gebiet ebenso wenig halten wie die Slaven. Herren unseres Gebietes wurden die Franken. Unterstützt von den Sprachforschern gibt es heute seriöse Geschichtswissenschaftler, welche glaubhaft machen können, dass die Wendenorte, wie die Sachsenorte, unseres Raumes Gründungen Karls d. Gr. seien. Die sich ständig seinem Frankenreiche widersetzenden Sachsen und Wenden habe er umgesiedelt, sie aus ihrem Stammverband entfernt, sie in bestimmten Orten unseres Raumes wieder angesiedelt und sie unter den “überwachenden Schutz” ihm treu ergebener Gefolgsleute gestellt; eines Abtes: Abtswind, eines Bischofs: Bischwind, u.ä.

Im frühen Mittelalter übte das Kloster Münsterschwarzach die Lehensherrschaft über den Ort aus. Die Grafen zu Castell hatten das Vogteirecht, überließen es aber der Familie Fuchs von Dornheim. Im Laufe des

14. Jahrhunderts gelangten sehr viele Güter durch Stiftung oder Verkauf an das Kloster Ebrach. So amtierten im ausgehenden Mittelalter drei Schultheißen im Ganerbendorf Abtswind, welche den Herrschaften Castell, Ebrach und Fuchs unterstanden. Der Fuchsische Anteil ging durch die Witwe des letzten Fuchs von Dornheim, die den Grafen Johann Otto von Dernbach geheiratet hatte, nach deren Tod an das von ihr begründete adelige Damenstift St. Anna in Würzburg über.

Abtswind verdankt seine Entstehung dem Kloster Münsterschwarzach
“In Gold ein schwarzer Abtstab, unten überdeckt mit einem springenden roten Fuchs”
Abtswind verdankt seine Entstehung der vom Kloster Münsterschwarzach ausgehenden Siedlungsbewegung. Im 16. Jahrhundert gingen die Münsterschwarzach’schen Besitzungen in Abtswind an die Adelsfamilie der Fuchs von Dornheim über, die dann in der folgenden Zeit mit anderen Herrschaftsträgern, z.B. den Grafen zu Castell, eine sogenannte Ganerbschaft bildete. Das Wappen symbolisiert durch den Abtstab das Bestimmungsort des Ortsnamens und die Gründungsgeschichte. Der springende rote Fuchs ist das Wappentier der Fuchs von Dornheim, das als Sinnbild für die früheren Herrschaftsverhältnisse gewählt wurde.
Dr. Puchner, München

Das Abtswinder Dorfgericht stand unter der Hoheit des Klosters Ebrach. Es wurde durch fünf Bauern ausgeübt, deren Häuser durch Wappen gekennzeichnet waren. Sie konnten Verbrecher aus dem Dorf verbannen, oder auch zum Tod am Galgen verurteilen. Vor dem Torhaus der alten Kirchenburg befand sich der Pranger. Wer im Dorf oder auf dessen Gemarkung gestohlen hatte und verurteilt worden war, der mußte am Sonntag während des Gottesdienstes am Pranger stehen. Nahe der Gemarkungsgrenze, gegen Untersambach zu, stand auf der großen Gemeindewiese der Galgen.

Im Jahre 1617 fanden auf dem Drudenplätzchen zwischen Abtswind und Rüdenhausen vier Hexenbrände statt, denen 13 Personen, elf Frauen und zwei Männer, zum Opfer fielen. Insgesamt waren damals 91 Menschen wegen Hexerei angeklagt.

Während des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648) hatte Abtswind von 1622 an unter Einquartierungen, Plünderungen, Brandstiftungen und Gewalttaten zu leiden. Es machte keinen Unterschied, ob Truppen der Union oder der Liga durchzogen “Plünder-und Mordgesindel hüben wie drüben”. Von 1626 bis 1631 mußte eine Korporalschaft der Tillyschen Armee verpflegt werden. 1628 brach die Pest aus und forderte unter den ausgehungerten Leuten zwei Drittel, 149 Menschen, der Einwohner als Opfer. 1632 drangsalierten Truchseßsche Dragoner die Gegend, Friedländische Truppen stürmten Castell. Viele Leute waren so verarmt, dass sie den Bettelstab ergriffen und aus Abtswind flohen. Überall herrschten Not und Elend. Gegen Ende des Krieges war Abtswind mitsamt seiner Kirche ein Ruinenhaufen, so verödet, dass beim Kronenwirt “das Gras zum Fenster herauswuchs”.
1730 kamen zwei Züge, zusammen 370 Personen, mit ausgewanderten Salzburger Protestanten durch Abtswind. Der herzförmige Grabstein auf dem Friedhof geht auf eine hier verstorbene Salzburger Exulantenfamilie zurück.

Die französischen Revolutionskriege brachten erneut großes Unglück über die Abtswinder Bevölkerung. Sie litt unter den Einquartierungen französischer, österreichischer, deutscher und schließlich russischer Truppen. 1812 hielt Napoleon mit seiner Gemahlin auf der Reise zum Fürstentag nach Dresden Rast in Neuses a.S., wo er auch übernachtete. Die Schuljugend mit Pfarrern und Lehrern der gesamten Umgebung mußten sich zu seiner Huldigung dorthin begeben. Am Rußlandfeldzug 1812/13 nahmen auch Abtswinder Bürger teil. Fünf von ihnen kehrten nicht zurück.
Als im Jahre 1813 während einer russischen Einquartierung im Ort eine Abtswinderin ermordet wurde, mußte der betreffende Soldat auf der Dorfstraße Spießruten laufen.

1838 wurde Christian Heinrich Hornschuch zu Abtswind geboren. Er gründete in Oberfranken eine große Zahl von Spinnereien und Webereien. Die Siedlung Hornschuchhausen bei Mainleus/Ofr. ist nach ihm bekannt.

1844 – 1847 legte in Abtswind ein Brandstifter zahlreiche Feuer, die den Bürgern großen Schaden verursachten. Weitere Kosten entstanden durch eine Polizeimannschaft, welche deswegen monatelang hier einquartiert war.

1870/71 zogen etwa dreißig junge Ortsbürger in den Krieg gegen Frankreich. Von ihnen kehrten drei nicht mehr zurück.
Im Weltkrieg 1914/18 blieben 24 Abtswinder Bürger auf den Schlachtfeldern.

Abtswind galt schon frühzeitig als Vorbild für Gemeinschaftsleistungen. 1921/23 erhielt der Marktflecken eine eigene Wasserversorgungsanlage. Drei wichtige Straßenzüge wurden kanalisiert. Die restliche Kanalisation erfolgte 1948. Seit 1937 besitzt die Gemeinde ein eigenes Schwimmbad. Dieses wurde 1955 mit einem Kostenaufwand von 42 000 DM ausgebaut und erweitert; 1970 erneut modernisiert und beheizt.

Der zweite Weltkrieg forderte hohe Blutopfer. Fünfzig zur Wehrmacht eingezogene Abtswinder fielen auf den Kriegsschauplätzen oder wurden als vermißt gemeldet. Die Abtswinder mußten sehr eng zusammenrücken, denn 1940 kamen Evakuierte aus der Pfalz, 1942 Ausgebombte aus dem Ruhrgebiet und schließlich 1945 Ausgebombte aus Kitzingen und Würzburg, um in Abtswind eine neue Unterkunft zu finden. Am 24.2.1944 schlugen etwa 150 Meter vom Ortsrand entfernt drei Fliegerbomben ein. Am nächsten Tag prallte während eines Luftkampfes ein Geschoß von einer Hauswand ab und tötete Ulla, ein dreijähriges Mädchen aus dem Rheinland. Zwei Abtswinder Kirchenglocken wurden auf Befehl der Naziregierung eingeschmolzen. Sie konnten erst 1950 durch Spenden neu beschafft werden.

1958 verwüstete ein Großbrand zwei Wohnhäuser, vier Scheunen und die alte Gastwirtschaft “Zur Krone” bis auf die Grundmauern.

Die ev. Pfarrkirche, deren barocker Turm den Ort hoch überragt und dessen Spitze eine besondere kunstgeschichtliche Bedeutung darstellt, ist von Resten der alten Friedhofsbefestigung umgeben. Der ursprünglich spätmittelalterliche Bau bekam seine heutige Gestalt am Ende des 17. Jhs. Das Gotteshaus birgt in seinem Innern einen bedeutenden Schreinaltar der Zeit um 1500, der von Peter Schneider dem sogen. “Marthameister” zugeschrieben wird. Bei geöffneten Flügeln zeigt der Altar reiche Reliefschnitzerei: im Mittelschrein eine Vespergruppe, auf dem rechten, kleineren Flügel die hl. Barbara mit dem Kelch, auf dem linken St. Dorothea mit dem Rosenkörbchen und St. Katharina mit Rad und Schwert. Die Figuren sind farbig gefaßt; vor mehreren Jahren wurde die ursprüngliche Bemalung freigelegt. Schließt man den Altar, so werden vier Tafelbilder des Marienlebens sichtbar: Verkündigung, Heimsuchung, Anbetung der Könige, Erscheinung des Auferstandenen. Die Bilder leuchten in kräftigen Farben und erinnern an Michael Wolgemuth, den Lehrmeister Albrecht Dürers.